Sieben Monate ohne Social Media

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Sieben Monate ohne Social Media – ein Zwischenfazit

Vor sieben Monaten habe ich alle meine Social-Media-Profile gelöscht. Keine große Ankündigung, keine Abschiedsposts – einfach weg. Die Entscheidung fiel nach einem zweiwöchigen Retreat im kolumbianischen Regenwald, wo ich ohne Internet zum ersten Mal spürte, wie sehr Social Media mein Denken beeinflusst hatte.

Und nicht in eine Richtung, die mir gefiel.

Meine Gedanken wurden schärfer, mein Blick auf die Welt enger. Ich nahm mich selbst immer wichtiger, hatte immer eine Meta-Ebene im Kopf: Wie würde dieser Moment als Post wirken? Besonders deutlich wurde es, als ich an einem Fluss saß und intensiv darüber nachdachte, wie ich die Szene am besten inszenieren könnte. Da wurde mir klar: Der Preis ist mir zu hoch.

Also löschte ich meine Profile.

Was sich verändert hat

Der Moment des Löschens? Befreiend. Ich saß in einem Café in Bogotá, fühlte mich klar, energiegeladen, fast euphorisch. Es war, als hätte ich einen Virus aus meinem System entfernt. Doch dann kam die 30-tägige „Bedenkzeit“, in der ich mich einfach hätte umentscheiden können. Ein manipulativer Mechanismus, der mir eines zeigte: Diese Plattformen kümmern sich nicht um mein Wohlbefinden – sie setzen auf meine Abhängigkeit.

Und wie lief es danach?

1. Ich habe den Anschluss verloren – und es ist okay

Ohne Social Media bekomme ich nicht mehr mit, welche Trends gerade angesagt sind oder wer sich in Mexiko die Sonne auf den Bauch scheinen lässt. Und das ist erstaunlich entspannend. Statt mich von unzähligen Inputs zerstreuen zu lassen, bin ich mehr im Hier und Jetzt.

Das Einzige, was ich bedauere: Manche Kontakte werde ich wohl vergessen. Menschen, die ich mochte, aber jetzt nicht mehr einfach erreichen kann. Wie schmerzhaft das noch wird, weiß ich nicht. Im Moment fühlt es sich eher befreiend an.

2. Mein Business hat sich kaum verändert

Meine größte Sorge war, dass weniger Menschen zu meinen Workshops kommen. Ist das passiert? Vielleicht. Es könnten 2–3 Teilnehmende pro Workshop weniger sein, aber ob das wirklich nur an Social Media liegt, weiß ich nicht.

Entscheidend war für mich eine Frage: Wäre ich bereit, auf Plattformen aktiv zu sein, die ich ablehne, nur um meine Arbeit zu promoten?

Die Antwort ist: Nein.

Wenn meine Arbeit nur durch Social Media existieren könnte, müsste ich sowieso etwas ändern. Und wenn ich eine Sache gelernt habe, dann die: Keine Entscheidungen aus Angst treffen.

Manche fragen mich, warum ich nicht einfach jemanden beauftrage, Social Media für mich zu übernehmen. Aber das würde nichts daran ändern, dass ich die Plattformen ablehne. Und ja, manchmal stresst mich die Frage: Was ist mit den Menschen, die von meiner Arbeit profitieren könnten und mich nicht finden? Aber dann erinnere ich mich: Das sind nur Gedankenspiele. Kontrolle ist eine Illusion – und Angst ist keine gute Entscheidungsgrundlage.

3. Mein Kopf ist ruhiger geworden

Ich habe weniger Stress, brauche weniger Dinge und erlebe wieder eine gewisse Einfachheit. Mein Fokus ist klarer. In diesen sieben Monaten habe ich auch mein Buch 30 Minuten Radikale Ehrlichkeit geschrieben. Hat die Social-Media-Abstinenz geholfen? Definitiv. War sie der einzige Grund? Vermutlich nicht.

Komme ich zurück?

Nein. Zumindest nicht in nächster Zeit.

Vielleicht inspiriert dich meine Erfahrung, dein eigenes Verhältnis zu Social Media zu hinterfragen. Muss es ein radikaler Schnitt sein? Nicht unbedingt. Aber vielleicht gibt es Gewohnheiten, die du loslassen kannst – um mehr Raum für das zu schaffen, was dir wirklich guttut.

Mein nächstes Experiment? Leben ohne Smartphone. Noch habe ich es nicht geschafft – aber wer weiß, vielleicht schreibe ich in ein paar Monaten darüber.

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